Da ich im Bereich des Strafrechts sowohl auf Täter-, als auch auf Opferseite meine Vertretung anbiete, werde ich des Öfteren gefragt, wie ich es denn mit mir vereinbaren könne, jemanden zu verteidigen, der möglicherweise eine (schwere) Straftat begangen hat.
Nun, die Frage ist relativ einfach beantwortet. Zum einen hat jedermann das Recht auf eine gute Verteidigung, zum anderen steht überhaupt noch nicht fest, ob der Mandant die Tat überhaupt begangen hat und falls er sie begangen hat, welche Umstände ihn dazu gebracht haben, bzw. welche Motive er dafür hatte.
Ich möchte Ihnen dies an einem kleinen Beispiel gerne erläutern, welches selbst mich als Anwältin in Erstaunen versetzt hat.
Zu mir kam in der Vergangenheit ein junger Mann aus der Drogenszene, der bereits eine beeindruckende strafrechtliche Vergangenheit hinter sich hatte. Er erzählte mir, dass er nunmehr wegen eines Vergewaltigungsfalls, welcher sich vor etwa 14 Jahren abgespielt haben soll, beschuldigt werde. Man sei anhand eines DNA-Abgleiches aufgrund einer Blutspur, welche sich auf dem Shirt des sich ebenfalls in der Drogenszene befindlichen Opfers befunden habe, auf ihn gekommen. Er sei jedoch unschuldig. Nun, ich gebe zu, auch ich war mir nicht 100% ig sicher, schließlich war ich bei dem Vorfall nicht dabei und es existierte ein DNA-Beweis sowie die Aussage des Opfers.
Ich habe einen kurzen Moment nachgedacht und den Fall dann übernommen. Laut Aktenlage war der Fall ziemlich eindeutig. Die DNA-Analyse führte zu meinem Mandanten, zudem hatte das Opfer die Tat und den Täter sehr detailliert beschrieben.
Mit Beweisanträgen bewaffnet machte ich mich schließlich auf den Weg zum Amtsgericht. Mein Mandant schlief in den Wochen vor der Hauptverhandlung schlecht und rief mich immer wieder an und beteuerte seine Unschuld.
Nachdem ich mit dem Mandanten sowie seiner halben Verwandtschaft auf den Beginn der Hauptverhandlung wartete und versuchte, die Gemüter zu beruhigen, erschienen dann auch das Opfer sowie die weiteren befreundeten Zeugen des Opfers.
Die Stimmung war sehr aufgewühlt.
Schnell stellte sich jedoch heraus, dass das Opfer und mein Mandant sich kannten und die Blutspur meines Mandanten anderweitig auf das Shirt gekommen sein musste. Während mein Mandant und das Opfer sich rührend in den Armen lagen, erfolgte schließlich ein Freispruch für meinen Mandanten.
Warum ich Ihnen diese Geschichte erzähle..? Nun, weil es manchmal ganz anders ist, als es den Anschein hat und man dann auf einen Anwalt angewiesen ist, der die Nerven behält und den Mandanten bestmöglich vor Gericht verteidigt.